von Halya Coynash
1.09.2014
Übersetzt aus dem Englischen von Dagmar Schatz für Voices of Ukraine

Alexander Dugin (links), dessen Ideologie des Eurasischen Imperiums in den vergangenen Jahren einflussreiche Gefolgsleute gewonnen hat
Eine Menge Faschisten und Neonazis lief am vergangenen Wochenende in Jalta auf, um, zusammen mit Mitgliedern prominenter faschistischer Parteien, wie der ungarischen Jobbik (am Kongress) teilzunehmen. Sie schlossen sich Sergej Glasjew an, einem Senior-Berater des russischen Präsidenten Wladimir Putin; Maxim Schewtschenko, einem Mitglied von Putins Menschenrechtsrat; sowie Kreml-unterstützten Kämpfern und ihren russischen Kameraden aus verschiedenen rechtsextremen und Neonazi-Parteien, um zu diskutieren, wie man die „faschistische Junta“ in Kiew denn bekämpfen könne. Die Hauptattraktion war sicherlich die vorgeschlagene Gründung eines russischen „Antifaschistischen Rats“.
Es ist unklar, wie viele der eingeladenen Mitglieder der belgischen Neonazi-Partei „Parti Communautaire National-Européen“, der faschistischen Jobbik, der rechtsextremen British National Party und andere vom 29. Bis 31. August an der Konferenz „Russland, Ukraine und Noworossija: globale Probleme und Herausforderungen“ insgesamt überhaupt teilnahmen. In weiteren Berichten wird nur erwähnt, dass Leute aus allen wichtigen Ländern präsent gewesen seien.
Abwesenheit sei jedoch kein Hinweis auf mangelnde Unterstützung. Eine Anzahl der angekündigten Gäste oder Parteien seien in etwas involviert gewesen, das euphemistisch „Beobachtung“ des Krim-„Referendums“ am 16. März genannt wurde. Viele von ihnen haben seitdem weiterhin aktiv Russlands „Recht“ auf die eingeschlagene Politik auf der Krim im Besonderen und im Kreml im Allgemeinen verteidigt.
Die einleitende Grußadresse sprach Putins Berater Sergej Glasjew. Seine Behauptung, er sei im Urlaub und spreche als Privatmann, kann man genauso wenig ernst nehmen, wie Russlands Behauptung, dass die russischen Soldaten, die in der Ukraine kämpfen, das zu Ihrer „Urlaubs-Erholung“ tun.
Glasjew verursachte im späten Juni einige Verwirrung, als er den Präsidenten der Ukraine, Petro Poroschenko, als „Nazi“ etikettierte. Von diesem Kurs ist er bislang auch nicht abgewichen. Oder zumindest nicht vollständig, denn seine Rede in Jalta war, im Hinblick auf die USA (in ihrem Ton) bemerkenswert schriller.
„Die USA provozieren unglaublich: angefangen mit dem Feuer in Odessa, bis hin zu dem malaysischen Flugzeug, (von ihnen) abgeschossen, um Europa zu überzeugen, einen Krieg mit Russland anzufangen, und dafür muss Russland provoziert werden, in der Ukraine einzumarschieren“.
Er leugnete, dass Russland die Kämpfer mit Militärhilfe versorgen würde: sie würden lediglich ideologisch unterstützt und dadurch, dass man die Freiwilligen nicht behindere.
Er behauptete, dass die USA das Ziel hätten, Russland und die Ukraine zu zerstören und danach ganz Eurasien. Die Ukraine sei niemals ein Feind Russlands gewesen und die Amerikaner verstünden, dass sie den Kreml in eine unmögliche Lage brächten: Krieg mit einem Bruderland!
Das blutige Drama in der Ukraine, verkündete er, „ist unser gemeinsames Unglück, seit wir uns über die wechselseitige Zerstörung ein und desselben Volkes unterhalten“.
Maxim Schewtschenko, Mitglied von Putins Menschenrechtsrat, fuhr fort mit dem Pathos, und sagte, „jede Bombe, die fällt, fällt auf uns alle“. Er ist überzeugt, dass die gesamte Ukraine von denen besetzt ist, die er „Kiewer Faschisten“ nennt.
Sowohl Schewtschenko als auch der Luhansker führende Militante, Alexej Mosgowoi, stellten fest, dass der Krieg in der Ukraine nicht nur die Menschen beeinträchtige, die dort lebten, sondern „auch die Russen, denn die Grenze zwischen beiden Teilen eines einstmals vereinten Landes ist absolut künstlich und beider Bevölkerung ist durch millionenfache Fäden miteinander verbunden.“
Diese Worte wurden gesprochen, während tausende Einwohner der Hafenstadt Mariupol Schützengräben aushoben und eine Menschenkette bildeten, um die russischen Streitkräfte abzuhalten, von denen sie annahmen, dass sie an der Einnahme der nahen Stadt Nowoasowsk beteiligt waren. Die vorgespielte Besorgnis über das „geteilte Unglück“, ist bitterer Hohn, nicht nur, weil Tausende Ukrainer in den letzten Monaten getötet oder verstümmelt wurden, sondern auch um der russischen Soldaten willen, denn viele Wehrpflichtige sind im Kampf in Russlands jüngstem ungerechten Krieg gestorben.https://linksunten.indymedia.org/de/node/121434
Ebenso widerlich sind die fortgesetzten Versuche, den Kyiwer Behörden anzuhängen, sie seien „faschistisch“, und dem ersten Präsidenten der Ukraine, der je bereits im ersten Wahlgang die Mehrheit errang, er sei ein „Nazi“.
Der Zynismus ist schon fast surreal, sogar ohne die Einladungen an die Mitglieder von europäischen. rechtsextremen und Neo-Nazi-Parteien. Die meisten ukrainischen Anführer der Separatisten, gemeinsam mit vielen Leuten aus Russland, die für ihr rechtsextremes, oft auch neonazistisches Weltbild. Die Ideologen, genau wie prominente Mitglieder der russischen Neonazi-Partei „Nationale Einheit (geführt von Alexander Barkaschow, der momentan in Donezk sein soll), Alexander Dugins ultra-nationalistische Eurasia-Partei, Edward Limonows Partei Anderes Russland, und die Schwarze Hundert, sind entweder aktiv in die Kämpfe in der Ostukraine involviert oder wirksam dabei, andere zur Teilnahme zu ermutigen:
[A.d.Ü: Die „Schwarzhunderter“ oder „schwarze Hundert“, Чёрная сотня/Tschornaja sotnja, waren antisemitische, extremistisch-nationalistische Organisationen, die in den ersten Jahren des 20.Jahrhunderts für zahlreiche Pogrome und anti-ukrainische Gewalttaten verantwortlich waren. Ihre „Neugründung“ – 1999 im Kosovo – bezieht sich ausdrücklich auf diese Vorläufer]
Pawel Gubarew, einer Anführer der Donezker Militanten von Anfang an, ist für seine Wurzeln in der russischen Partei der Nationalen Einheit bekannt [A.d.Ü: Ende August nach Russland geflüchtet]. Sein Mitarbeiter, Alexander Proselkow, wurde am 31. Juli vom eigenen Sicherheitsdienst der Militanten erschossen. Er war russischer Staatsbürger und ein Mitglied der neofaschistischen, internationalen Eurasischen Bewegung und der Eurasischen Jugendunion – beide Organisationen sind eng mit Dugin verbunden. Er war einer der vielen Dugin-Anhänger in der Ostukraine.
Der Neofaschist Dugin hat Freunde und/oder Gefolgsleute in den höchsten Ebenen in Moskau. Seine antiwestliche und antidemokratische Rhetorik fand in den Reden von Glasjew und Schewtschenko in Jalta ein verstörendes Echo.
Dugin, Barkascho, Limonow und ihre Unterstützer haben für die Militanten in der Ostukraine aktive Unterstützung und Training bereitgestellt.
All das ist nicht neu. Anton Schechowtsow, der über rechtsextreme Bewegungen forscht, berichtet über klare Beweise, dass der russische Sicherheitsdienst die pro-Russischen „Separatisten“ seit 2005 unterstützt. Er bemerkt, dass das ein Jahr nach der Parlamentsrede Putins war, in der dieser den Zusammenbruch der Sowjetunion „die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts“ nannte, die Millionen russischer „Landsleute“ gezwungen habe, sich ausserhalb des russischen Territoriums wiederzufinden.
Eine originäre Organisation namens „Donezker Republik“ wurde 2005 erschaffen und ihre Mitglieder in Trainings- und Indoktrinierungscamps in Russland gebracht. Schechowtsow weist darauf hin, dass diese Camps auf Initiative von sowohl Dugin als auch Wladislaw Surkows, dem stellvertretenden Chef der Putin-Administration, errichtet worden seien, und zwar mit dem Geld der Administration. Unter den Teilnehmern waren Andrej Purgin, nun Erster „Stellvertretender Ministerpräsident“ der selbsternannten Donezker Volksrepublik und Oleg Frolow, ein Mitglied des „Parlaments der DVR“.
[A.d.Ü: Purgin war bereits an mehreren Treffen der sog. „Kontaktgruppe“ beteiligt, so am 26.8. und 2.9. in Minsk.]
Putins Antwort auf den Zorn vom vergangenen Donnerstag über die unstrittigen Beweise für das Engagement des russischen Militärs in der Ukraine war ein „Appell an die Aufständischen von Noworossija“, in dem er die Schuld für das Gemetzel dem ukrainischen Militär zuschob. Am 31. August war seine Reaktion auf die klaren Zeichen von Uneinigkeit in der EU, Eigenstaatlichkeit für die Ostukraine zu fordern. Sein Pressesprecher grätschte dazwischen und erklärte, Putin habe lediglich von mehr „Autonomie“ gesprochen und davon, dass die Ukraine mit „Noworossija“ verhandeln müsse.
Zu Anfang hatte Peskow versucht, zu rechtfertigen, dass der Präsident den Begriff „Noworossija“ benutzt habe: der Gebrauch des Begriffs sei „historisch. Genau das hatte Putin auch selber letzten April gesagt, als er zum Thema „ethnische Russen in der Ostukraine“ befragt wurde. Er bemerkte, dass das fragliche Gebiet die Städte Charkiw, Luhansk, Donezk, Cherson, Mykolajiw und Odessa umfasse. „Russland hat diese Gebiete aus unterschiedlichsten Gründen verloren, doch die Menschen sind geblieben.“
Seit die NATO, die USA und andere Länder klar gesagt haben, dass russische Streitkräfte und Ausrüstung in der Ukraine eingesetzt werden, und seitdem man beobachten kann, dass diese zusammen mit den Militanten fortschreiten, ist es sinnvoll, die Kommentare zur Kenntnis zu nehmen, die der in Moskau wohnhafte russische Staatsbürger Dugin unlängst gemacht hat:
„Seit wir mit unserer Offensive vorankommen, stellt sich eine interessante Frage, nämlich: was bedeuten die Grenzen der DVR und LVR (Donezker und Luhansker Volksrepublik), also der Bundesstaat Noworossija? Kyiw wird uns nicht anerkennen, doch wir erkennen Kyiw auch nicht an. Wie kommt Ihr darauf, dass wir an den Grenzen der früheren Oblaste Donezk und Luhansk halt machen?“
Auf den Tag genau 75 Jahre seit Nazideutschland in Polen eingefallen ist, ist es gewiss an der Zeit, dass sich die Länder des Westens die gleiche Frage stellen.
Quelle: Charkiwer Menschenrechtsgruppe
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Pragmatisch gefragt, welche Lebensqualität bieten radikale Ideologien der Bevölkerung?
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