Anna Wendland: Stoppt Putins Krieg!

STOP Putin’s war

Dr. Anna Veronika Wendland

Dr. Anna Veronika Wendland

Ich bin ein Kind des langen Friedens und des ausgehenden Kalten Krieges im westlichen Europa. Sorglos habe ich mein Leben gelebt, gelernt, einen Beruf ergriffen, eine Familie gegründet. Mir geht es gut in Frieden und Wohlstand.

Es gab Zeiten, in denen ich besorgt war um den Weltfrieden. Ich war auf den Friedensdemos der 1980er. Ich habe amerikanische Atomraketendepots blockiert und dafür zwei Gerichtsverfahren wegen Nötigung kassiert, deren Urteile später höchstgerichtlich aufgehoben wurden. Ich habe gegen den Irakkrieg demonstriert. Denn ich hielt damals die Aufrüstung für falsch und den Krieg für völkerrechtswidrig. Ich bin bis heute dieser Auffassung.

Mir war damals Europa nicht egal, der Irak nicht egal. Ich habe wenig getan, aber ein weniges bisschen habe ich getan, und womöglich ein weniges bisschen bewegt.

Nun ist Krieg in der Ukraine. Diesem Land bin ich privat und beruflich eng verbunden. Heute fordern die Bürger der Ukraine, meine Freunde, Verwandten, Kollegen von uns Rechenschaft – oder sie werden es tun, wenn es noch schlimmer kommt: Wo wart Ihr? Warum habt Ihr nicht gehandelt, als es noch möglich war? Warum schaut Ihr zu und haltet für bedauerlich, aber unvermeidlich, was hier vor sich geht?

Und deswegen unterstütze ich alles, was den Völkerrechtsbruch und den Krieg der russischen Regierung – nicht “Russlands” oder “des russischen Volkes” – in der Ukraine eindämmt und den Preis der Aggression in die Höhe treibt. Wenn mit Waffengewalt erobert und annektiert wird, kann man sich der Gewalt beugen und den Eroberer weitermarschieren lassen. Das ist der gegenwärtige Effekt des deutschen Mantras “Lass uns reden – Gewalt ist keine Lösung.”

Sicherlich ist Gewalt nie die “Lösung”. Aber womöglich ist sie ein Weg zur Lösung, wenn die Gewalt nicht einfach Gewalt ist, sondern WIDERSTAND. Alles hat seine Zeit: Kämpfen hat seine Zeit, Verhandeln hat seine Zeit. Kämpfen, um den Gegner wieder an den Verhandlungstisch zu bringen, hat auch seine Zeit. Diese Zeit ist jetzt gekommen. Die Ukrainer haben sich das Kämpfen nicht ausgesucht und nicht zur zweiten Natur gemacht: Not treibt sie, und sie sind dem Scheitern nahe. Die russische Seite hat durch vielfältige Handlungen und Unterlassungen eindeutig klargemacht, dass sie kämpfen will und nicht an echten Verhandlungen und an echter Vertrags- und Abmachungstreue interessiert ist. Sie hat aber durch ihr Verhalten auch gezeigt, dass sie sich von robustem Widerstand beeindrucken lässt.

Die russische Regierung hält Gewalt für eine Lösung. Also muss dieser Gewalt Widerstand entgegengesetzt werden. So bitter es ist: Sanktionen gegen Einzelpersonen und Firmen werden diesen Widerstand alleine nicht tragen.

Die Ukraine verteidigungsfähig zu machen, ist eine unter vielen schlimmen Möglichkeiten – aber sie ist bei weitem nicht die schlimmste. Denn es ist die Untätigkeit und das Fallenlassen der Ukraine, das diesen Krieg eskalieren wird.

Wir kommen nicht um die Schlussfolgerung herum: die Ukraine braucht heute Waffen, um morgen die Waffen Putins zu stoppen und übermorgen eine Friedenslösung zu erreichen – womöglich ein internationales Mandat für die Kriegsgebiete und zur Schließung der Grenze, über welche die russischen Waffen strömen, die in der Ukraine Tod und Vernichtung bringen. Angreifer und Verteidiger dürfen nicht verwechselt werden. Äquidistanz ist Lüge. Äquidistanz tötet in der Ukraine jeden Tag.

Doch aus Deutschland ist keine Hilfe zu erwarten. Deutschland zieht das Redemantra vor, das sicherlich in anderen Situationen hilfreich war – nun hat es ausgedient.

Daher wende ich mich gemeinsam mit vielen anderen an die USA, deren Politik ich in anderen Kontexten bekämpft und missbilligt habe. Doch in dieser Frage liegen amerikanische Kolleginnen und Kollegen, SicherheitsexpertInnen, PolitikerInnen und AktivistInnen meiner Beobachtung nach richtig und verdienen Unterstützung:
#USAarmUkraine!

Daher habe ich mich schweren Herzens und in der Gewissheit, dass es die beste aller schlechten Vorgehensweisen ist, am tweetstorm #USAarmUkraine beteiligt:

@BarackObama
@StateDept
@JohnKerry
@AmbassadorRice

Give desperately needed defense aid to Ukraine, END PUTIN’S WAR

Und ich rufe meine FreundInnen auf, das auch zu tun.

Dr. Anna Veronika Wendland ist Osteuropa-Historikerin mit Schwerpunkt Stadt- und Technikgeschichte, zur Zeit Vertretung der wissenschaftlichen Leitung des Herder-Instituts für historische Ostmitteleuropaforschung in Marburg.

Quelle: Anna Veronika Wendland auf Facebook

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1 Response to Anna Wendland: Stoppt Putins Krieg!

  1. justice says:

    § 27 Bürgerliches Gesetzbuch und § 32 Strafgesetzbuch Deutschlands sind identisch:

    (1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.
    (2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

    Wie erläuterte der damalige deutsche Verteidigungsminister Struck 2002 am Beispiel des Afghanistan-Einsatzes: „Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt.” Mir erscheint es wesentlich realistischer, dass die Ukraine die Freiheit Europas an ihren Grenzen verteidigt und hierzu dringend internationale Hilfe durch Waffenlieferungen und militärische Ausbildung benötigt. Ich bin daher der Meinung, man sollte dem ukrainischen Volk unter neutraler Beobachtung eine reelle Chance geben, sich als demokratischer Staat im aufgezwungenen Krieg zu bewähren. Jegliches Zögern vergrößert das ohnehin bereits bestehende Leid und die Ausmaße der Zerstörung.

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