Robustes Mandat oder perpetuierter Massenmord
von Anna-Veronika Wendland (Osteuropa-Historikerin)
Wie lange muss das eigentlich noch so gehen, bis echte Konsequenzen gezogen werden? Wissen die Verantwortlichen im Westen, dass ihr endloses und nachweislich sinnloses Reden und Kommunizieren nichts bewirkt außer vielen weiteren Opfern? Ich höre nur unseren Steinmeier, der “beide Seiten” gestern wieder zum Frieden aufrief. Habe ich richtig gehört? “Beide Seiten” sind also wieder erstaunlicherweise zu gleichen Anteilen schuld?
Steinmeier, sparen Sie sich die Energie, die Sie für einen solchen Unsinn verbrauchen. Diejenigen, die Sie meinen, hören Sie sowieso nicht. Die einen sind mit der Verteidigung ihres Landes vollauf beschäftigt, und die anderen hören Sie aus prinzipiellen Erwägungen nicht. Die dritten – die “Partner” in Moskau – hören sie wohl, wahren auch den diplomatischen Komment, aber lachen im Stillen über Sie, oder lassen ihre gleichgeschaltete Presse lachen.
Daher mein Rat: Lernen Sie endlich, mit dem Aggressor russisch zu sprechen. Russisch ist nämlich die einzige Sprache, die er versteht. Russisch sprechen heißt: nicht mehr über gesichtswahrende Ausgänge für Herrn Putin nachdenken – dieses Gesicht, das da noch zu wahren wäre, gibt es längst nicht mehr. Die russische Führung hat keines der historischen Fenster, keine der goldenen Brücken genutzt, die sich ihr seit dem Frühjahr 2014 anboten. Russisch sprechen heißt in diesem Falle: ein robustes internationales Mandat zur Sicherung und Kontrolle der russisch-ukrainischen Grenze in den Kriegsgebieten. Weitere Sanktionsmaßnahmen, nicht “wenn”, sondern “weil” die russische Regierung das Minsker Abkommen nicht einhält, wofür es genug Beweise gibt.
Ich bin mir sicher, in einem solchen Falle wäre das Thema der schlecht zielenden pro-russischen Milizen und der verkleideten, verirrten und sonstwie rein zufällig in der Ukraine sich herumtreibenden russischen Soldaten genauso schnell erledigt wie das Phänomen der sich auf wundersame Weise immer wieder von selbst erneuernden Waffenbestände in den Händen der erst- wie der letztgenannten Akteure. Und erst dann würden keine Menschen mehr sterben.
Quelle: Dr. Wendland auf Facebook
und dann entsteht unausweichlich die Gretchenfrage, die schon 1938 auf Französisch gestellt wurde “Mourir pour Dantzig?”. Ein deutscher Minister wollte mal unsere Sicherheit am Hindukusch verteidigen – jetzt ist sie um die Ecke bedroht, was der andere deutsche Minister offensichtlich noch nicht verstanden hat