Jagiello-Schönfelder: Russland hat Ukraine als Vasallenstaat für immer verloren

Jan Jagiello-Schönfelder

Jan Jagiello-Schönfelder

Eine bemerkenswerte, wenig beachtete Randnotiz zum Wahlausgang. Donbass, im Süden des Donezker Gebiet, Wahlkreis 60 mit Zentrum in Wolnowacha, zum dem auch der Teile des Bezirks Telmanowo gehören, wo nicht gewählt werden konnte, aufgrund der russischen Besetzung bzw. dem Wirken der terroristischen Organisation DVR. Der vom Block Petro Poroschenko aufgestellte Kandidat, Jahrgang 1981, Mitglied des Stadtrats, Jurist hatte sich im Mai als einziger unter den Abgeordneten öffentlich gegen Separatismus, das Wirken der russischen Söldner usw. ausgesprochen. Jetzt konnte Dmytro Luninez das Direktmandat in diesem Wahlkreis von 48% gewinnen.

Link: http://cvk.gov.ua/pls/vnd2014/wp039pt001f01=910.html

Ein Ergebnis, welches früher im Donbass undenkbar gewesen wäre. Im Donbass haben seit 1991 die ersten Wahlen statt gefunden, die in einer wirklichen Konkurrenzsituation statt gefunden, auch wenn Einschüchterung, Stimmenkauf usw. immer noch das Bild mitprägen, so war es zum ersten Mal seit Jahren so, dass in vielen Direktwahlkreisen das Ergebnis vorher nicht festgestanden hat.

In 3 Wahlkreisen gibt es bei den Wahlen für die Wahllisten der Parteien eine klare pro-europäische Mehrheit, auch wenn das aufgrund der teilweise geringen Möglichkeit zur Wahlbeteiligung, da Teile der Wahlbezirke zu den besetzten Gebieten gehören, nicht ganz repräsentativ, aber es ist eine Notiz wert.

Wenn die Ergebnisse mit den Wahlen 2006,2007,2012 vergleicht, so kann man sagen, dass sich die pro-ukrainischen Kräfte politisch langsam bis an die Grenze vorarbeiten. Das Ergebnis von 2012 im Oblast Cherson haben wir jetzt praktisch im Oblast Charkiw, d.h. die sog. pro-ukrainischen, pro-europäischen Parteien sind ungefähr gleichauf mit dem Gegenpart (obwohl auch dort eine strikte Unterteilung nicht immer das wahre Bild wiedergibt, da es auch bei der Starken Ukraine von Tihipko und im sog. Oppositions-Block als Nachfolgeprojekt der Partei der Regionen Befürworter für eine EU-Mitgliedschaft im nicht unerheblichem Maße gibt).

Charkiw 2012 sind die Gebiete Luhansk, Donezk 2014, während Cherson (ganz im Süden an der Grenze zur Krim) jetzt eher der Zentralukraine von 2012 gleicht. Auch den Herren im Kreml werden diese Tendenzen nicht entgehen.

Das Kreml-Projekt ist auf ganzer Linie gescheitert. In den Oblasten: Dnipropetrowsk, Odessa, Mykolajiw, Cherson, Saporischja gibt es eine klare pro-ukrainische Mehrheit, im Oblast Charkiw ist der Unterschied 2% (wenn man sich die Parteien anschaut, die über 5% der Stimmen erhalten haben) und selbst im Dobass beträgt der Anteil der klar pro-ukrainischen Parteien bei über 1/3 der Stimmen.

In der Ukraine ist einer der schwierigsten Nationbuilding-Prozesse praktisch erfolgreich abgeschlossen worden.

Bei konstanter Entwicklung wäre es eine Frage der Zeit, bis Russland auf alle Regionen den politischen Einfluss verliert. Bereits Ende 2011 besagte eine Umfrage der demokratischen Initiativen (www.dif.org.ua), dass im Donbass und auf der Krim 52% der unter 29 jährigen eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine unterstützen. Russlands Abenteuer auf der Krim und im Donbass mit Spezialoperationen, geschulten Freiwilligen, Elitesoldaten ohne Erkennungsabzeichen etc. wird wohl als letzter verzweifelter Versuch in die Geschichte eingehen, die Ukraine als Vasallenstaat in seiner Einflusssphäre zu halten oder wahlweise ganz zu zerstören oder aufzuteilen. Russland kämpft gegen einen Trend an, der nicht zu besiegen ist. In der Ukraine ist einer der schwierigsten Nationbuilding-Prozesse praktisch erfolgreich abgeschlossen worden. Die Ukraine hat eine starke Zivilgesellschaft mit einer starken politischen Nation. “Wir sind Ukrainer” verbindet über alle religiösen, ethnischen oder sonstigen Grenzen hinweg.

Russland hat die Ukraine als Vasallenstaat für immer verloren, kann die Ukraine aber vielleicht in Zukunft als gleichberechtigten Handelspartner zurückgewinnen, aber der Platz der Ukraine wird immer in Europa sein!

Quelle: Ukraine-Experte Jan Jagiello-Schönfelder auf Facebook

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