Dugin: Wir müssen Europa erobern, besetzen und angliedern – Kommentar von Boris Reitschuster

Boris Reitschuster kommentiert Alexander Dugin:

Dies ist eine Videobotschaft von Alexander Dugin, einem von Putins „Lautsprechern“, Professor an der Lomonossow-Universität, allgegenwärtig im Staatsfernsehen und Gast beim Kreml-Event zum Krim-Anschluss am 18.3.2014: Er will ein „Drittes Römisches Reich“ unter Moskaus Führung, mit Europa als Protektorat, das der Kreml vor Homosexualität und entarteten Einwanderen schützt, mit „patriotischer Zensur“. Die Vorhut ist schon bei uns, so Dugin: „Dass es eine prorussische fünfte Kolonne in Europa gibt, steht fest.“ Die Botschaft ist von 2013, aber bis heute aktuell. Ich will keine Ängste schüren: Dugin hat mit dieser Idee m.E. keine Mehrheit in der Führungsriege. Die Gefahr ist aber: Er hat die Kreml-Lizenz zum Spiel mit dem Feuer – und das droht sich zu verselbständigen: Der Hass, den die gesteuerten Fernsehsender jeden Tag schüren, die Kriegstreiberei, die Manipulation mit dem Bewusstsein der Menschen. Bitter, dass in Deutschland von vielen nicht diese Bandstifter als Kriegshetzer bezeichnet werden, sondern diejenigen, die auf sie hinweisen.

Dass es eine prorussische fünfte Kolonne in Europa gib, steht fest.
Alexander Dugin, Professor, Eurasiansimus-Ideologe

Das Phänomen Dugin in deutsche Verhältnisse übersetzt ist so, als ob bei uns ein Prominenter fordern würde, Osteuropa zu zu erobern, und gleichzeitig Dauergast im Fernsehen wäre, und gute Drähte ins Bundeskanzleramt hätte.

Interessant in diesem Zusammenhang, und vor allem hinsichtlich der „fünften Kolonne“, von der Dugin spricht, ist sein Netzwerk in Europa – hier eine Grafik:

Dugins 5. Kolonne in Deutschland Quelle: Robert Vernauer

Dugins 5. Kolonne in Deutschland
Quelle: Robert Vernauer

Der Ukraineexperte Dr. Andreas Umland warnte bereits 2007 vor Alexander Dugin. Seine prophetische Warnung damals: „Wenn es einem „Politikkommentator“ vom Schlage Dugins gelingt, mit seinen Ideen in die Führungsetagen zentraler Machtorgane, wesentlicher Massenmedien und Curricula renommierter Bildungseinrichtungen vorzudringen, ist es schlechter um die Zukunft des Landes bestellt, als man ohne dies hätte annehmen müssen.“

Dank an Dwight D. Durwood, Robert Vernauer und Eberhard Riegele

Es folgt die Übersetzung der Videobotschaft von Alexander Dugin:

Heutzutage spürt man in Russland einen sehr guten Mangel an einer nationalen Idee. […] Ich möchte sie als Vorschlag, als eine Art Hypo­these darlegen, und die Gesellschaft und vor allem der Staat sollen ent­scheiden, ob man sie annehmen oder ablehnen soll.

Die Idee ist folgende: wir müssen Europa erobern. Eingliedern und anschließen.
Als erstes würden viele sagen: was soll das? Was soll diese Idee? Was soll dieses Erobern, Anschließen, Eingliedern und dieses Beset­zen? […] Aber wenn die anfängliche Abneigung und Empörung über­wunden ist […] – man muss den Leuten natürlich die Möglichkeit ge­ben, sich durchzukeuchen, und sich durchzuschreien – die Libera­len würden sagen: wir haben es schon immer vermutet. Ihr wolltet schon immer darauf hinaus. […] Wenn die Welle der Empörung vor­über ist hat, kann man es sich überlegen: Warum nicht? […]
Im Rahmen dieses globalen Römischen bzw. Dritten Römischen Rei­ches könnten wir den Europäern ein hohes Maß an Autonomie gewäh­ren. […] Dass es eine pro-russische fünfte Kolonne in Europa gibt, steht fest. Das sind europäische Intellektuelle, die die europäische Iden­tität stärken wollen.

Werfen wir einen Blick auf die europäischen Streitkräfte. Die sind so gut wie nicht vorhanden. Es gibt natürlich den NATO-Block. Aber die NATO mischt sich in keine ernsthaften Operationen ein. Das haben wir in Süd-Ossetien und Abchasien erlebt. […] Es gab viel Tu­mult und Wasserballett im Schwarzen Meer, wir haben amerikanische Kreuzer, NATO-Kreuzer gesehen. Na und? Süd-Ossetien und Abchasien gehören mittlerweile uns. […]

Wir würden Europa einfach zu unserem Protektorat machen. Und das ist alles. Also: Europa ist militärisch schwach. Wir brauchen na­türlich nicht zu kämpfen. Und warum sollten wir mit Waffen kämp­fen? Lasst und mit Hilfe der Soft-Power kämpfen. Lasst uns vorschla­gen, Eu­ropa vor Homo-Ehen zu schützen, vor Femen, vor Pussy Riot. Um Euro­pa vor sich selbst zu retten.

Denn das Europäische Bewusstsein zerfällt heutzutage. Alle zurech­nungsfähigen Europäer verstehen, dass Europa kurz vor einem Abgrund steht. Mit Enklaven voller entarteter Abkömmlinge von archaischen Einwanderern, die die Europäische Identität vernichten werden. Sie müssen etwas unternehmen. Und wie Sie sehen, schießen sie mittlerweile auf eigene Leute, wie Breivik. Sie fingen an, sich selbst zu vernichten, weil sie nicht verstehen, was sie tun sollen.
Lasst uns ihnen sagen: unter unserem Protektorat wird euch Schutz gewährt. Schaut: die Pussy Riot-Aktivistinnen sitzen im Ge­fängnis. Wir werden auch die Eurigen einknasten. Bei euch randalieren die Femen-Mitglieder ungestraft in Kathedralen. Und bei uns kriegen sie kurzer Hand aufs Maul und werden mit einem Lkw auf die Müll­kippe transportiert, wo sie auch hingehören. […]
Europa würde auf diese Weise vom Protektorat Russlands profitie­ren. […]
Wir würden ihnen [den Europäern] sagen: wir verlangen gar nichts von euch. […] Wir werden bei euch Ordnung schaffen. Ihr seid ja nicht im Stande, das Einwanderungsproblem allein zu meistern. Und wir werden es schaffen. Wir werden die Einwanderer nach dem Motto „Koffer-Bahnhof-zurück“ loswerden. […]
Und für diejenigen, die Angst davor haben, dass wir sie gleich ver­treiben würden, sage ich: nein, erst würden wir ihnen eine Reihe von Adaptionsmaßnahmen anbieten, damit sie in unserem globalen Eura­sischen Imperium bleiben können, dem auch Europa angehören wür­de. […] Es würde keine Probleme mit der Visumkontrolle und keine Grenzen mehr geben. Die EU würde zur Eurasischen Union als Teil der­selben beitreten. […]

Die europäischen Werte können bei uns durchaus Anwendung fin­den, vorausgesetzt, die Europäer würden sie bewahren. Weil die euro­päischen Werte in ihrer aktuellen postmodernen Form gerade das sind, was Europa tötet.
Deswegen würden wir in den europäischen Medien gewisse patrio­tische Zensur einführen, keine liberale wie jetzt, wo eine Zeitung auf verschiedenen Ebenen zehntausendmal überprüft wird, ob sie ein unli­berales Element beinhaltet. D.h. dort herrscht eine totalitäre, rassisti­sche, eurozentristische, liberale Zensur vor. Wir würden diese Zensur abschaffen. Und den Leuten die Möglichkeit geben, ihre Meinung frei zu äußern. Aber wir würden eine antinihilistische Zensur einführen, die gewisse nihilistische Ausprägungen der menschlichen Seele zurückhalten und lokalisieren sollte.

Darüberhinaus haben wir noch Erfahrung mit der Expansion nach Europa, die zu Sowjetzeiten stattfand, als unsere kommunistische Partei, die Komintern und die Kominform sehr beeindruckende Ergeb­nisse in Sachen Eindringen in die europäischen Parlamente erzielt ha­ben. Ja, das war unser außenpolitisches Instrument. Die heutige Si­tuation ist anders. Wir sind keine kommunistischen Länder mehr, aber wir können andere Partner finden. Und wenn wir diese nationale Idee als Annexion der EU durch die Eurasische Union oder als Ex­pansion nach Europa definieren würden, könnten wir uns eigentlich um dieses Ziel herum vereinigen.

Stellen Sie sich vor: Europa eingliedern! Das wäre was typisch Russisches! […] Die Russen mobilisieren sich nur für ein großes Ziel. Europa Eingliedern ist ein großes Ziel.

Übrigens: russische Westler des 19. Jahrhunderts […] wollten westliche Technologien übernehmen, damit Russland mächtig und großartig wird. Damit es den Westen besiegen kann. Lasst uns diesem Westlertum zuwenden! Gefallen Euch europäische Technologien? Dann lasst uns sie holen! Wie kann man sie holen? Die Europäer wür­den uns irgendwelche Transistoren gegen Erdöl und Gas nur klecker­weise übergeben. Lasst uns aber sämtliche europäische Hochtechnolo­gien auf Anhieb holen! Das heißt, indem wir Europa erobern würden, würden uns alle Hochtechnologien anheimfallen. Und da hätten wir Entwicklung, da hätten wir Modernisierung, wenn wir sie wollten. Da hätten wir übrigens die Europäisierung unserer Gesellschaft.
Peter I hat auch ein Fenster nach Europa geöffnet, und was hat er daraus gezeigt? Er hat einfach eine Kanone zum Fenster hingeschoben. Er hat begonnen, sich an der europäischen Politik zu beteiligen. Indem er Kosaken ins Zentrum Europas einmarschieren ließ. […] Ich halte diesen Sprung nach Westen für äußerst wichtig.

Quellennachweis:

Originalvideo: https://www.youtube.com/watch?v=RDV57Mwsayk
Deutsches Video: https://www.youtube.com/watch?v=e-oH58VA5Rw
Andreas Umland zu Dugin 2007: https://www.blaetter.de.
Grafik zu Dugins 5. Kolonne: Robert Vernauer
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8 Responses to Dugin: Wir müssen Europa erobern, besetzen und angliedern – Kommentar von Boris Reitschuster

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  2. justice says:

    Ein Sprung ist die Klapsmühle scheint mir eher angeraten. Größenwahn pur!

    • tftranslate says:

      Wenn er damit allein dastünde, würde ja die Klapsmühle reichen. Das Gefährliche ist die Resonanz, die er mit solchen Gedanken in der Gesellschaft (nicht nur der russischen) erfährt, dass der Kreml sich nicht von ihm distanziert sondern ihm umgekehrt eine Plattform bietet und wir hierzulande in einem solchen Kreml immer noch einen verlässlichen Partner für Geschäfte und Sicherheitspolitik sehen.

  3. Heida says:

    Dugins Vertrag an der Uni wurde wegen seinen Positionen zu “Neurussland” nicht mehr verlängert. Diesen größenwahnsinnigen Spinner nimmt wohl auch sonst niemand wirklich ernst…

  4. Sve Fe says:

    Heida, das als positives Signal zu sehen , heißt die Stratgie von Desinformation , wie ein KGB Offizier wie Putin sie mit der Muttermilch aufgenommen hat, nicht zu verstehen. Solang dieser Mensch nicht verhaftet und Mundtot gemacht wird, bedeutet das lediglich , er wird aus der Schusslinie genommen.

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