Nadija Sawtschenko: 19 Tage Hungerstreik und ohne Kontakt zu Rechtsbeistand

Nadija Sawtschenko, politische Gefangene in Russlands nicht erklärtem Krieg gegen die Ukraine

Nadija Sawtschenko, politische Gefangene in Russlands nicht erklärtem Krieg gegen die Ukraine

Nadija Sawtschenko, Mitglied des ukrainischen Parlaments, derzeit als Gefangene in Russlands nicht erklärtem Krieg gegen die Ukraine in einer Moskauer Strafanstalt inhaftiert, befindet sich heute [2.1.2015, A.d.Ü.] seit 19 Tagen im Hungerstreik. Ihre Anwälte berichten, dass ihnen bis 12. Januar kein Zugang zu Frau Sawtschenko gewährt wird und äußern große Sorge über ihren Gesundheitszustand.

Nadija Sawtschenko wurde am 18. Juni 2014 durch vom Kreml unterstützte Kämpfer entführt und befindet sich bereits seit Ende Juni 2014 in russischer Haft. Sie trat in Hungerstreik, nachdem am 13. Dezember die Gefängnisleitung ihr die Behandlung einer schmerzhaften Mittelohrentzündung wie auch die Versorgung mit Medikamenten durch Ärzte aus Kiew versagt hatten. Am 22. Dezember bestätigte ein Moskauer Gericht ihre Inhaftierung und verlängerte sie bis 13. Februar, woraufhin Sawtschenko erklärte, dass sie ihren Hungerstreik erst nach ihrer Freilassung und Rückkehr in die Ukraine beenden werde. Es handele sich hierbei nicht um Selbstmord, sondern um die einzige ihr zugängliche Form, sich zu wehren.

Sawtschenkos Verteidiger berichten, dass dem Gericht hieb- und stichfeste Beweise für die Unschuld ihrer Mandantin vorgelegt wurden. Genaugenommen lagen umfassende Beweise, dass Nadija Sawtschenko sich nicht in der Nähe des Orts befunden hatte, an dem am 17. Juni zwei russische Journalisten starben, dem Gericht bereits vor der letzten Anhörung vor, bei der Richter Juri Pasjunin Frau Sawtschenkos Beschwerde gegen ihre Inhaftierung abgewiesen hatte.

Bei derselben Anhörung hatte Verteidiger Mark Feygin auch darauf hingewiesen, dass die Anklage verpflichtet ist, Material vorzulegen, welches die Angeklagte unmittelbar belastet. Die Ermittler behaupten weiterhin, dass es solches Material gäbe, haben aber, anders als Sawtschenkos Verteidigung, kein Beweismaterial vorgelegt. Stattdessen hat die Anklage versucht, die Aufnahme von Material, das Sawtschenkos Alibi belegt, zu den Akten des Falls zu blockieren.

Zwischenzeitlich hat das ukrainische Parlament hat Nadija Sawtschenko formell als Delegierte zur Parlamentsversammlung des Europarats nominiert. Die nächste Sitzung dieses Organs, in dem auch Russland Mitglied ist, ist auf den 26. Januar anberaumt.

Russland könnte durchaus Widerspruch einlegen und sagen, dass die 33-jährige Sawtschenko (in den Parlamentswahlen am 26. Oktober) ins ukrainische Parlament gewählt wurde, nachdem sie festgenommen und in Russland angeklagt wurde. Das ist sicherlich richtig, jedoch wurde auch Sawtscheko als Militärpilotin und Freiwillige im Battalion „Baidar“ durch vom Kreml unterstützte Kämpfern im Oblast Luhansk gefangengenommen, bevor sie nach Russland entführt wurde und sich dort einer höchst fragwürdigen Anklage gegenüber sah.

Trotz Sawtschenkos eigener nachdrücklicher Aussage, die zudem durch ein Video ihrer Befragung durch Kämpfer am 20. Juni gedeckt wird, in welchem ziemlich klar wird, dass Sawtschenko im Oblast Luhansk gefangen genommen wurde, behauptet Russland weiterhin, dass sie „freiwillig“ russisches Terriotorium betreten und vorgegeben habe, ein Flüchtling zu sein, und dort bei einer Routinekontrolle festgenommen worden sei. Es wurde sogar angedeutet, dass Sawtschenko möglicherweise zusätzlich wegen illegalen Grenzübertritts belangt werden könnte.

Kürzlich erkannte Sawtschenko in dem derzeitigen Leiter der „Volksrepublik Luhansk“ Igor Poltnitsky einen der Männer wieder, der sie entführt hatte. Sie hat kategorisch ausgesagt, dass sie unter Gewaltanwendung nach Russland gebracht wurde, in Handschellen und mit einem Sack über ihrem Kopf.

Vertreter von EU, US State Department u. a. haben verschiedentlich ihre Besorgnis über die anhaltende Inhaftierung von Frau Sawtschenko geäußert. Das angesehene Menschenrechtszentrum „Memorial“ hat sie zur politischen Gefangenen erklärt.

Es gibt keine Beweise, die die Behauptung der Anklage einer Mittäterschaft Sawtschenkos bei der Tötung von zwei Journalisten des russischen ersten Fernsehsenders „Perwy Kanal“ unterstützen. Igor Korneljuk und sein Tontechniker Anton Woloschin starben, als sie in Artilleriefeuer gerieten, während sie in der Nähe von Kämpfern der selbstausgerufenen Volksrepublik Luhansk mitliefen. Trotz sofortiger Reaktionen des russischen Außenministeriums und der von der Regierung kontrollierten Medien gibt es nichts, was auf einen gezielten Angriff auf die beiden Männer hinweisen würde.

Quelle: Kharkiv Human Rights Protection Group
Aus dem Englischen von: Tobias Ernst – Fachtexte vom Profi

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1 Response to Nadija Sawtschenko: 19 Tage Hungerstreik und ohne Kontakt zu Rechtsbeistand

  1. justice says:

    Russische Justizunlogik ist bestenfalls für Willkür, nicht aber für Gerechtigkeit geeignet.

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