Charis Haska: Verschiedene Fußgänger
Original: https://www.facebook.com/charis.haska/posts/659637447436283
Körperlich anstrengend: Der jähe Wechsel von Kälte zu sommerlicher Hitze, bei hoher Luftfeuchtigkeit. Mich hat er ziemlich fertig gemacht. So hab ich mir heute gegönnt, mir zum mittäglichen Hundespaziergang ein Buch mitzunehmen und mich auf einer Bank am Iwano- Frank- Platz niederzulassen. Das ist ein idyllischer kleiner Park mit dem Rauschen eines sehr hübschen Springbrunnens. Neben dem Schattenplatz, den ich mir ausersah, saß bereits eine junge Dame, die ich vorsichtshalber fragte, ob ich Platz nehmen dürfe. Sie hatte nichts dagegen und beachtete den Hund nicht weiter, auch als er sich ihr aufdringlich näherte. Nachdem ich schon etliche Seiten gelesen hatte, stand sie nach einem kurzen Telefonat auf und entfernte sich. Alsbald setzten sich zwei Herren ans freie Ende meiner Bank. Neben meiner Lektüre lauschte ich ein wenig ihrer Unterhaltung, die sich im Wesentlichen um Kartoffeln drehte. Ein Dritter kam hinzu und kündigte noch einen Vierten an, der allerdings mit dem Auto erst in zwanzig Minuten kommen wolle. Daraufhin beschlossen sie, sich doch schon zu Fuß auf den Weg zu machen.
Auf einmal interessierte sich ein wohlfrisierter, weißlockiger Rüde für unsere Nellie. Gleichzeitig hatte sich uns von der anderen Seite eine hochhackige, gestylte Blondine mit einem vielleicht anderthalbjährigen Mädchen genähert. Das Kind begeisterte sich für die Hundebegegnung und zeigte abwechselnd mal auf Nellie, mal auf ihren edlen Verehrer. „Ein Hündchen. Und noch ein Hündchen.“ wiederholte die Blondine mehrmals freundlich und geduldig. Es ist sehr niedlich, wie hier Erwachsene mit Kleinkindern auf Hunde reagieren. Wie oft hab ich schon dieses zärtlich– enthusiastische „Ein Hündchen!“ zu hören bekommen, die Erwachsenen fühlen regelrecht mit den Kindern mit. Das kleine Mädchen sprach noch nicht, doch als es immer wieder auf die beiden Tiere zeigte, begriff die Mama schnell: „Du möchtest sie streicheln?“ Das Kind nickte zustimmend und erfreut. „Da müssen wir erst fragen…“ meinte Mama. Wir Hundebesitzerinnen gaben grünes Licht. Nun konnte das Kind sich lang nicht entscheiden, welchen Hund es anfassen wollte. Ich staunte währenddessen darüber, dass es in seinen wenigen kurzen Strähnen schon einen grellrosa Haarreif trug. Als seine Wahl schließlich auf den Rüden fiel, hatte dieser gerade Nellie zu Ende beschnuppert und verließ ziemlich zügig das Terrain. Das kleine Mädchen hatte ihn nur kurz am Kopf berührt und folgte ihm. „Das Hündchen geht schon nach Hause.“ sagte die Mutter freundlich. „Ach, du willst mit? Vorsicht, da ist die Straße.“ Wieder war ich berührt davon, wie geduldig die Menschen hier mit Kindern sind. Ganz entspannt kam die Mutter mit ihrem Kind mit.
Das junge Mädchen, das sich nun neben mich setzte, nahm ich nur aus dem Augenwinkel wahr. Als ich schließlich das nächste Kapitel fertig gelesen, das Buch zugeklappt und mich erhoben hatte, blickte es mich aufmerksam an und wünschte mir „Czastliwo!“ (etwa: Viel Glück. Oder Alles Gute), obwohl ich es bisher keines Blickes gewürdigt hatte. Unter dem Gesang der Amsel setzte ich meinen Gang fort und stieg den Berg zum Präsidentenpalast hoch. Keine Wachsoldaten am Zaun vor der steilen Treppe. Vor dem Palast bunte, gut gepflegte Blumenrabatten. Blau-gelbe Fahnen. Drei oder vier Uniformierte unterhielten sich im Schatten eines Baumes, ich nahm sie erst auf den dritten Blick wahr. Am Gittertor zur Luteranska stand das mir altbekannte Schild, an dem das Datum und die Zeiten mit kleinen Täfelchen eingesetzt werden können, das ankündigt, morgen sei dieser Durchgang durch die Uliza Bankowa vorübergehend gesperrt. Natürlich, morgen ist ja die Amtseinführung des Präsidenten.
Von ihr hatte ich, die ich nicht groß die Nachrichten verfolgt hatte, gestern Abend bei einem Anruf erfahren:
„Guten Abend, Charis! Hoffentlich störe ich nicht?“ – „Nein, überhaupt nicht.“ – „Die Kinder und ich hatten gerade beim Abendessen den gleichen Gedanken: Wird denn am Samstag der Kindergottesdienst stattfinden?“ Ich sagte, dass ich ihn in der letzten Zeit so oft hatte ausfallen lassen, sodass ich entschlossen bin, ihn diesmal zu halten. „Das ist schön. Wir dachten, da am Samstag ja die Inauguration ist…“ sagte sie. „Sie meinen, durch die Straßensperrungen wird es vielleicht schwer sein, zur Kirche zu kommen?“ fragte ich, da ich weiß, dass sie mit dem Bus kommen, der an der Werchhowna Rada hält. „Ach, das stört uns nicht. Da gehen wir einfach eine Stunde früher los und kommen zu Fuß.“ – „Prima!“ sagte ich. Doch dann fiel mir ein: „Sie wollen vielleicht gerne an der Inauguration teilnehmen?“ Sie lachte los: „Nein, da ist meine Anwesenheit ganz bestimmt nicht erforderlich. Die war vom 18. bis 20. Februar auf dem Maidan nötig und da war ich auch da…. Wir freuen uns schon auf den Kindergottesdienst. Jetzt wünschen wir Ihnen eine Gute Nacht!“
Wir freuen uns, dass sich zur Amtseinführung von Poroshenko auch unser Bundespräsident angekündigt hat.
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