Siegfried H. Seidl: Persönliche Anmerkung zu Helmut Schmidt (SPD)

Siegfried H. Seidl: Persönliche Anmerkung zu Helmut Schmidt (SPD)

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Ich habe seine außenpolitischen Meinungsäußerungen, z. B. zur VR China, immer als Bekenntnis zur Realpolitik alter Schule verstanden, die wohl mit dem Obersatz von Henry Kissinger, Stabilität müsse im Zweifel Vorrang vor Werten und Demokratisierung haben, am Besten zusammen gefasst werden kann. Deshalb verstand ich seine Einwendungen gegen “humanitäre Interventionen”, eigentlich gegen alle Auslandseinsätze der NATO-Staaten, immer so, dass die Unversehrtheit der territorialen Integrität ein eisernes Gebot sei, und jegliche Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Landes Teufelszeug sei.

Rot-Grün hat im Angesicht der humanitären Katastrophe auf dem Westbalkan diese Prinzipien des Kalten Krieges – zu Recht – behutsam fortentwickelt, und als erste deutsche Bundesregierung völkerrechtliches Neuland betreten, indem sie sog. ethnische Säuberungen als universale Angelegenheit und nicht nur als innere Angelegenheit eines Landes betrachtete.

Dagegen erhob sich von Anfang an massiver Widerstand gerade auch von Seiten der Realpolitiker, weil diese befürchteten, dass damit die Stabilität und letztlich der Weltfrieden gefährdet sei. Jedoch haben die Erfahrungen der letzten 20 Jahre – mit der großen Ausnahme Irak (!), aber Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel – gezeigt, dass der “Weltfrieden” nicht gefährdet wurde, im Gegenteil: Viele heiße Konflikte konnten beendet werden, andere zumindest eingedämmt werden. Vielleicht können sich noch Einige erinnern, wie voll die Zeitungen in den 90er Jahren mit Berichten vom Blutvergießen auf dem Westbalkan waren. Ich kann mich sehr gut daran erinnern.

Im Alter ändert man nicht mehr ohne Weiteres seine Überzeugungen, vor allem nicht als betagter Staatsmann von der Sorte Helmut Schmidts. Wenn ich nun aber seine Äußerungen zur Krim-Krise lese, dann erstaunt mich das: Denn hier bricht Schmidt eklatant mit seiner eigenen Logik.

Warum gilt der von ihm postulierte Grundsatz: Keine Einmischung in andere Länder ausgerechnet für Wladimir Putin nicht? Glaubt Helmut Schmidt, dass Putin’s Übergriffe mehr Stabilität in Osteuropa bringen? Wenn ja, soll das dann auf dem “Gesetz der Gewalt” beruhen? Soviel Wild-West-Denken hätte ich dem Elder Statesman nicht zugetraut.

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1 Response to Siegfried H. Seidl: Persönliche Anmerkung zu Helmut Schmidt (SPD)

  1. justice's avatar justice says:

    § 227 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch)
    (1) Eine durch Notwehr gebotene Handlung ist nicht widerrechtlich
    (2) Notwehr ist diejenige Verteidigung, welche erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

    Sollte man also keine humanitäre Verteidigungshilfe leisten dürfen, wenn der völkerrechtswidrige Angriff erkennbar ist und um Hilfe gebeten wird? Das Volk der Ukrainer besteht aus Menschen!

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